Enigma

Geheimoperation WICHER

Die Geschichte der Verschlüsselungsmaschine ENIGMA


Quelle : "Geheimoperation Wicher" W. Kozaczuk, ISBN: 3-86070-803-1


Duch die geniale Arbeit der polnischen Mathematiker konnte vor und während des Krieges der grosse Teil des deutschen Funkverkehrs entziffert werden. Die Alliierten konnten grossen taktischen Nutzen ziehen (vgl. Beispiele unten).

Hier Beispiele von entschlüsselten Funkbotschaften :



    DIE WEITSICHT der Polen:
  1. Mitte der 1920er Jahre gelang es der deutschen geheimen Funkaufklaerung ca. 6000 Funksprueche des polnischen Militaers zu lesen. Standorte und Plaene der polnischen Luftwaffe waren den Deutschen nun bekannt.


  2. Die geheime deutsche Aufrüstung konnte nur durch ebenso geheime polnische Aufklärung beobachtet werden. Polen erkennt die deutsche Gefahr frühzeitig und beschliesst das gezielte ABHÖREN ALLEN FUNKVERKEHRS.
    Ausserdem wurde der deutsche Geheimdienst mit Ablenkungsmanövern beschaeftigt: fiktiver polnischer Luftwaffencode "PORT", mit dem die deutschen Agenten beschaeftigt wurden.

    Die Zeit 1925 - 1933 ist entscheidend für den polnischen Geheimdienst.


  3. In den ersten Januartagen 1929 bereiteten sich die Studenten der Universitaet POSEN (Polen) auf ihre Examen vor.
  4. In der Gruppe des Direktors Prof. ZdzislavKrygowsky wurden nicht auswendig gelernte Formeln geprueft, sondern er forderte von seinen Studenten Gewandheit im Gebrauch ihrer Kenntnisse und Faehigkeit zum Formulieren von Hypothesen. Er vergab auch Prämien fuer diejenigen, die es vermochten, schwer verständliche Probleme in einer einfachen Form auszudruecken.
  5. Anfang 1929 kamen die polnischen Offiziere Major Pokorny, Leutnant Ciezki und gruendeten einen Kryptologielehrgang mit den 26 begabtesten Mathematikstudenten.
    Groesste Geheimhaltungsstufe. Unterricht 2 mal pro Woche in einem abgelegenen Teil eine Kaserne (nahe bei Fort Grolmann).
    Dies beweist eine grosse Weitsicht von Seiten der Polen.


  6. Die Selektion : Nur dei besten Studenten konnten den Lehrgang fortsetzen.

    Der Ausbildungsleiter, Leutnant Pokorny, verteilte im Verlaufe der Ausbildung z.B. authentische, verschlüsselte, deutsche Telegramme. (Ein TIP wurde gegeben: Der Absender sei das deutsche Reichswehrministerium. Der Inhalt hat zu tun mit dem Winterquartier und den Truppenübungsplätzen. (Diese Tips ergeben Hinweise auf das verwendetet Vokabular)
    Die Telegramme wurden mit dem sogenannten "Doppelwürfelverfahren" verschlüsselt und galten als sehr schwer entschlüsselbar.
    Ein paar Stunden später legte Rejewski und ein paar andere Mathematikstudenten die Lösung vor.

    Rejewski        Zygalski   und Rozycki
        


  7. 1930 ist Rejewski (nach einem Jahr in Göttingen) wieder in Posen, nun als Dozent am Mathematischen Institut.
    Er arbeitet weiterhin als Entschlüssler. Das 8-köpfige Team lernt es, die Fehler der Deutchen Verschlüsslern zu nutzen:
    Z. B. werden Sätze mit weinger als 50 Buchstaben mit X aufgefüllt. Diese X geben Hinweise auf den Schlüssel.




  8. Der Marinecode und die ENIGMA




  9. Am 1. September 1932 begannen Rejewski, Zygalsky und Rozycki ihre Arbeit als regulaerer Mitarbeiter des Dechifrierbueros. Sie bilden den Kern der Entzifferungsgruppe.
  10. 1928 - 1932 : Die Deutschen entwickeln Verschlüsselungs-Maschinen. Diese sind bisher nicht knackbar.
  11. Der Marinecode mit 4 Buchstaben:
    Bemerkung : CODE arbeitet mit ganzen Wörtern oder Wendungen
    CHIFFRE arbeitet mit Buchstaben.
    Um komplizierte, längere Texte zu übermitteln braucht es Chiffre.
    Herbst 1932 wurde der Marinecode geknackt. z. B. YWIN = wo, BAUG = und (Mehr dazu)
  12. 1933 vergrössern sich die Spannungen zwischen Deutschland und Polen.
  13. Ab Oktober 1932 sollte Rejewski und sein Team den deutschen Marinechiffre entschlüsseln. Die neue Maschine hiess ENIGMA
  14. Rejewski muss von vorne anfangen :
    Erste Erkenntnisse :
    Die ersten 6 Buchstaben eines jeden Funkspruches kommen öfter vor. Der erste Buchstabe ist stets gleich dem 4ten , der 2te=5, der 3te=6ter. D. h. die ersten 3 Buchstaben sind ein Schlüssel für den nachfolgenden Text. Das war der sogenannte Spruchschlüssel.

  15. Der Durchbruch :
  16. Oktober 1931 : Der Französischer Geheimdienst hat Glück:
    Ein deutscher Mitarbeiter des deutschen Chiffrierdenstes bietet sich als Spion an. Er verkauft geheime Informationen über die Enigma. Dieser Deutsche erhält den Spion-Decknamen "Asche".
    Besonders nützlich ist eine Kopie der Gebrauchsanweisung der E-eins Schlüsselmaschine, der militärischen Version der handelsüblichen Enigma.
    Der Französiosche Geheimdienst sucht nach Verbündeten, um den Enigmacode zu knacken.
    Die Polen waren bereits am weitesten und der mutige französische Hauptmann Bertrand beschliesst, mit den Polen zusammenzuarbeiten.
    Hauptmann Bertrand

  17. Die Bedienungsanleitung der E-eins ergab eine allgemeine Vorstellung über die Bedienungsgrundsätze, sagte aber nichts über ihre innere Struktur aus.
    Das Problem: Der Aufbau der Walzen, die innere Verdrahtung musste in mühsamer Kleinarbeit herausgefunden werden.

    Die Walzen der Enigma
    Stromkreis der Enigma


  18. Die Lösung :
  19. Ende Dezember 1932 :
    Die Lösung des ENIGMA-Systems für die die Polen ungefähr 3 Monate brauchte, (die Aliierten schafften dieses Kunsttstück nicht) umfasste 2 verschiedene Dinge:
    - die theoretische Rekonstruktion der Enigma Maschine.
    Rejewski und seine Kollegen schafften es, die genauen elektrischen Verdrahtungen, die Umkehrwalze, die Chiffrierwalzen, die Steckverbindungen mit den Steckbuchsen herauszufinden.
    Schaltungen der Enigma

    - die Ausarbeitung von Methoden zur Rekonstruktion der Enigma-Spruchschlüssel.




  20. Die ENIGMA wird nachgebaut :

  21. Bis Mitte 1934 waren über ein dutzend Enigmas nachgebaut und in der polnischen Geheimdienststelle im Betrieb. 1939 waren über 70 polnische Enigmas in Betrieb.
    Durch Ausschaltverfahren fand man die Anfangsstellungen der Walzen und die Spruch-Schlüssel der abgefangenen Funksprüche heraus. Das war ein aufwändiges Verfahren. (Es gibt 6 · 263 Möglichkeiten der Anfangseinstellungen) Von den zusätzlichen 100 391 791 500 Möglichkeiten der Steckerverbindungen musste ebenso die richtige herausgefunden werden.
    Rejewski erfand hierfür den sogenannten ZYKLOMETR, welcher Kennlinien der Funksprüche erstellte, mit denen man schneller die Schlüssel herausfinden konnte.

  22. Ende Juni 1934 : Nacht der langen Messer: Die polnischen Entschlüssler konnten fast gleichzeitig mit den deutschen Dienststellen die geheimen Tötungsbefehle (Röhm putsch) mitlesen.
    In den ersten Augusttagen 1934 ging mit dem Tod von Reichspräsidenten Hindenburg und mit der Vereidigung der Wehrmacht auf Hitler die Macht völlig in die Hände des Diktators über.


  23. Die Deutschen entwickeln weitere ENIGMA - Maschinen. Eine 8 Walzenmaschine, die jedoch nicht zuverlässig genug ist.
    Die Marine arbeitet mit eine 5 Walzigen Maschine, die schwieriger zu knacken ist.




  24. Das Duell der Nachrichtendienste

  25. Der deutsche Nachrichtendienst verfeinerte ständig die Enigma, die polnische Gruppe um Rejewski konnte mit einiger Verzögerung die Neuerungen knacken. Oft war auch das Glück im Spiel und half den Polen. Sei es, dass deutsche Verschlüssler Fehler machten und Tagesschlüssel AAA oder XYZ wählten, oder dass ein Enigma Netz (z. b. der SD: Sicherheitsdienst) später auf einen neuen Code umstellte als die anderen Netzte. Somit lieferte der "alte" Funkverkehr dennoch Angaben über den Inhalt der neue codierten Funksprüche.
  26. Ab ca. 1933 verschwanden die deutschen Mängel in der Bedienung der Enigma. (Die Verschlüssler wurden besser ausgebildet) Wenn also bis dahin nicht die Enigma enträtselt worden wäre, so wären die polnischen Mathematiker auf viel grössere Hindernisse gestossen.


  27. In der Phase von 1935-1939 wurde die ENIGMA ständig verbessert :
    - zwei zusätzliche Walzen. Aus den 5 Walzen konnten nun 3 ausgewählt werden.
    - neues Verschlüsselungsverfahren (Überschlüsselung: Klartext wird zuerst verschlüsselt, bevor er durch die Enigma nochmals verschlüsselt wird)
    - 10 statt bisher 6 Steckverbindungen im Steckerbrett
    Alle diese Verbesserungen mussten die Polen mit viel Aufwand knacken.

  28. Ab Mitte Oktober 1938 arbeitete Rejewski den Plan für die sogenannten "BOMBAS" aus. Das waren Maschinen, die aus 6 zusammengeschalteten, polnischen Enigmas bestand und innerhalb von ca. 2 Stunden duch Duchspielen aller Möglichkeiten den Tagesschlüssel herausfand.

    Ein System aus 26 perforierten Papierbögen mit 51 x 51 Löchern wurde von Zygalski entwickelt, und half die Überschlüsselung zu knacken.

    Der Aufwand wird jedoch stets grösser und die kleine polnische Gruppe hat nicht mehr die Kapazität, um die deutschen Funksprüche effizient zu lesen.




  29. Verbündete müssen gefunden werden
  30. 9. und 10. Januar 1939 : Erstes Treffen der Geheimdienste Polens, Frankreichs und Englands
  31. 24. Juli 1939 : Technikaustausch: Die bisher arroganten Engländer erhalten von den Polen das Wissen über die Enigma codes, ihre entwickelten Verfahren, die nachgebaute Enigma-Maschine und die "Bombas".

    "Die britischen Vertreter warten sprachlos und da geschah es, dass vielleicht zum ersten Mal die britischen Experten, angesichts der von den polnischen Fachleuten erzielten Ergebnisse, ihre Arroganz fallen liessen." (Kozakzuk, S.77)


  32. Der englische Chefkryptologe Alfred Knox bedankt sich herzlich bei den 3 polnischen Mathematikern. (Er sendet ihnen einen 15 cm langen Pabierstab mit Buchstaben als Geschenk, anerkennt quasi die hervorragende Leistung des polnischen Teams )
    Ab jetzt baut England die BOMBAS nach und setzt viel Geld und Personal ein, um die grosse Anzahl von Funknachrichten vor dem Ausbruch und während des Krieges zu lesen.
    Der englische Mathematiker Alan Mathison Touring entwickelt die englische Version der "Bombe"
      

  33. 31. August 1939 : Fingierter Grenzzwischenfall, Hitler beginnt den Krieg gegen Polen mit der unverschämten Porole: "Ab heute wird zurückgeschossen"


  34. Enigma im Kriegs-Einsatz beim Frankreichfeldzug


  35. Die polnischen Mathematiker können fliehen. Die werttvollen Erkenntnisse und die Maschinen werden ausser Landes gebracht. Der französische Chef der geheimen Funkaufklärung Bertrand (Deckname"Bolek") hilft als Retter in der Not
  36. Duch die geniale Arbeit der polnischen Mathematiker konnte vor und während des Krieges der grosse Teil des deutschen Funkverkehrs entziffert werden. Die Alliierten konnten grossen taktischen Nutzen ziehen (vgl. Beispiele unten).


  37. Hier Beispiele von entschlüsselten Funkbotschaften :


    Vielleicht ist der Krieg dadurch entscheidend verkürzt worden.


Beispiele von Agentenchiffren vor der Enigma :

Das Doppelwuerfelverfahren

Handchiffre